Interview mit Frau Luszczynski

Wir haben ein Interview mit Frau Luszczynski geführt, weil sie unsere Schule leider nach 14 Jahren verlässt:

Pervisum: Sie waren 39 Jahre Lehrerin. Gibt es irgendwelche besonderen Momente, die Sie in Erinnerung behalten werden?

Frau Luszczynski: Es gab viele besondere Momente. Zwei sind jedoch besonders bewegend und werden mir daher auch nachhaltig in Erinnerung bleiben. Der erste Moment war das überwältigende Gefühl, auf der Besucherplattform des Empire State Building zu stehen mit der ersten Schülergruppe, die ich 1988 nach New York und dann weiter nach Indianapolis begleitet habe.

Es war mir damals gelungen, eine Schulpartnerschaft zwischen dem Gymnasium in Lahnstein, an dem ich arbeitete, und der Brebeuf Prepratory School im Rahmen von GAPP – German –American- Partnership-Program zu gründen.

Der zweite bewegende Augenblick war, als ich nach einem Prüfungsmarathon einem meiner Schüler doch noch zum Abitur gratulieren durfte. Er musste nach dem schriftlichen Abitur zusätzlich drei mündliche Prüfungen durchlaufen, zwei habe ich durchgeführt.

Pervisum: Wie hat sich das Schulsystem im Laufe der Jahre geändert?

Frau Luszczynski: Es hat sich einiges geändert. Die folgenden Änderungen fallen mir sofort ein. Die Bücher sind bunter und eher der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler angepasst. Die Aufgabenstellung ist anders. Es ist eine ganz neue Aufgabenkultur entstanden. Im Englischunterricht steht viel mehr das Sprechen im Vordergrund. Heute sind bereits Kenntnisse von der Grundschule vorhanden. Geändert haben sich auch die Arbeitszeiten für Lehrer und Schüler. Früher hatten Kinder in der Orientierungsstufe 28 Stunden Unterricht in der Woche, heute sind es 30. Dafür sind die Klassenmesszahlen niedriger als früher. Ich war z.B. 1983 Klassenlehrerin in einer 9. Klasse mit 37 Schülerinnen und Schülern und wir durften zwei Wochen ins Schullandheim nach St. Peter- Ording fahren. Dort war allerdings auch zwei – drei Stunden Unterricht jeden Morgen und jede Schülerin, jeder Schüler führte ein Tagebuch über Exkursionen und das Gelernte. Für den Deutschunterricht wurde beispielsweise der „Schimmelreiter“, eine Novelle von Theodor Storm, gelesen   Ein neues Fach für Naturwissenschaften ist für die 5. Und 6. Jahrgangsstufe entstanden, die Zahl der Klassenarbeiten hat sich geändert, die Abiturprüfungsordnung ist ebenfalls mehrfach verändert worden. Die Eltern entscheiden heute, an welche weiterführende Schule sie ihre Kinder schicken wollen. Früher gab es eine verbindliche Empfehlung der Grundschule. Wollten Eltern ihr Kind, wenn es eine Realschulempfehlung hatte, dennoch an einem Gymnasium anmelden, musste das Kind eine Aufnahmeprüfung machen in den Fächern Deutsch (Diktat und Aufsatz) und Mathematik. Inzwischen sind einige Schularten verschwunden und neue dazu gekommen. Die Durchlässigkeit ist größer. Schüler und Eltern haben mehr Mitsprachemöglichkeiten als zum Beginn meiner Dienstzeit.

Heute werden im Unterricht vielfältige Medien eingesetzt. Früher gab es Filmvorführgeräte für 35 –Millimeter – Zelluloid-Filme, Lehrer mussten dafür einen sogenannten Vorführschein bei der Landesbildstelle( heute Landesmedienzentrum) machen, daneben Fernseher, Tonbandgeräte und Kassettenrekorder, später Videorekorder. Statt Computer hatte man elektrische Schreibmaschinen mit Korrekturtaste. Die ersten Computer waren riesig mit wenig Leistung. Folien waren höchstens zweifarbig, nicht bunt. Von Whiteboards oder Tablet-PCs konnte man nur träumen. Eine einschneidende Änderung war die Einführung der 5- Tage – Woche in der Schule. Ich könnte noch vieles erwähnen. Doch eines hat sich nicht geändert: es gibt immer noch Hausaufgaben, die bei den Schülerinnen und Schülern unterschiedlich „beliebt“ sind.

 

Pervisum: Wie haben sich die Charaktere der Schüler im Laufe der Zeit verändert?

Frau Luszczynski: Ich habe nicht den Eindruck, dass die Schülerinnen und Schüler sich vom Charakterlichen verändert haben, vielmehr ist ihre Lebenswelt anders geworden und dies wirkt sich auf das Verhalten aus.

 

Pervisum: Was fanden Sie am interessantesten?

Frau Luszczynski: Mit Schülerinnen und Schülern gemeinsam etwas entdecken, Neues zu erarbeiten, ist für mich faszinierend. Daher bin ich auch Lehrerin geworden.

 

Pervisum: In welcher Stufe haben Sie am liebsten unterrichtet?

Frau Luszczynski: Ich habe sehr gerne in allen Stufen unterrichtet. Das macht ja den Reiz meines Berufes als Gymnasiallehrerin aus. Ich kann zehn- bis zwanzigjährige Schülerinnen und Schüler unterrichten, mit ganz unterschiedlichen Anforderungen und ganz unterschiedlichen Erwartungen an Schule. Orientierungsstufenleiterin bin ich geworden, weil ich diese Stufe pädagogisch und organisatorisch sehr interessant und vielfältig finde. Das bedeutet aber nicht, dass ich dort am liebsten unterrichtet habe.

 

Pervisum: Wo haben Sie Ihr Referendariat gemacht?

Frau Luszczynski: In Koblenz und Neuwied.

 

Pervisum: Wollten Sie etwas am Schulsystem und insbesondere an unserer Schule verändern?

Frau Luszczynski: Das Schulsystem kann sich nur ändern, wenn der Landtag entsprechende Gesetze verabschiedet oder wenn das Ministerium Erlasse auf den Weg bringt. In jeder Schule können jedoch Veränderungen im Rahmen der vorgegebenen Gesetze stattfinden. Ich finde im Gymnasium auf der Karthause ist die Ausstattung schon sehr gut. Ich selbst wünsche mir – wie schon anderer Stelle gesagt – für jede Stufe einen altersgemäß ausgestatteten Aufenthaltsraum.

 

Pervisum: Was werden Sie nicht vermissen?

Frau Luszczynski: Die Regenpausen.

 

Pervisum: Hat es Ihnen am Gymnasium auf der Karthause gefallen?

Frau Luszczynski: Ohne Einschränkung ja, denn ich finde unsere Schule ist eine besondere und jede Schülerin und jeder Schüler trägt dazu bei.

 

Pervisum: Was haben Sie nach den langen Jahren an unserer Schule jetzt vor?  

Frau Luszczynski: Hier am Gymnasium auf der Karthause war ich 14 Jahre. Davor unterrichtete ich am Gymnasium in Lahnstein, am Schlossgymnasium in Mainz und am Landesmusikgymnasium in Montabaur.

Die Zeit nach meinem Dienst in der Schule werde für meine Hobbys nutzen, zu denen auch Musik gehört, und ich hoffe, mit meinem Mann viel reisen zu können.

 

Thea Busch (10b) & Delia Krauß (9a)