Das italienische Schulsystem

Durch das Erasmus+-Programm hatte ich im Februar und März die Möglichkeit, an einem Austausch in Brescia, Italien teilzunehmen. Einen Monat lang durfte ich den Alltag, insbesondere den der Schüler/innen der A. Calini Scientific School, miterleben. Dabei fielen mir einige grundlegende Unterschiede zu deutschen Schulen auf.

Die A. Calini Scientific School ist ein Liceo, also vergleichbar mit einem Gymnasium in Deutschland. Die Schülerinnen sind hier zwischen 14 und 19 Jahre alt und werden in fünf Stufen unterteilt (bei uns 9. bis 13. Klasse). Unser Stundenplan wurde so angepasst, dass wir hauptsächlich an Unterrichtsstunden teilnahmen, denen wir folgen konnten, somit hatten wir beispielsweise also keinen normalen Italienischunterricht. Dafür waren wir über die Wochen hinweg in vier verschiedenen Klassen. Dies ermöglichte uns vielseitige Einblicke und den Kontakt zu vielen Schüler/innen.

Einer der größten Unterschiede im Vergleich zu deutschen Schulen betrifft die Ferienzeiten und das Wochenende. In Italien gibt es keine Pfingst-/Winter- oder Herbstferien. Zudem sind die Osterferien meist kürzer und dauern oft nur eine Woche. Als Ausgleich haben die Schülerinnen jedoch drei Monate Sommerferien. Dies hat Vor- und Nachteile: Hauptsächlich gibt es diese langen Ferien wegen der heißen Temperaturen im Sommer, die es für die Schüler/innen schon im Mai anstrengend macht, sich im Unterricht konzentrieren zu müssen. Von Juni bis August in die Schule zu müssen - unvorstellbar für die Italiener/innen. Für uns hingegen ist es eine komische Vorstellung, drei Monate am Stück Ferien zu haben. Während der Sommerferien verreisen viele öfter und für längere Zeit, doch dafür gibt es während des Schuljahres kaum Erholungsphasen.

Für mich persönlich am gewöhnungsbedürftigsten war der Unterricht am Samstag, denn die Schüler haben hier nur einen einzigen freien Tag pro Woche. Ein Wochenende, wie wir es kennen, gibt es nicht. Nach vier Wochen kann ich sagen: Obwohl der Unterricht in Italien nur bis 12 oder 13 Uhr geht, wäre die 6-Tage-Woche für mich keine Option. Die Erzählungen und Erfahrungen der italienischen Schüler/innen haben dies für mich auch bestätigt. Die Meisten müssen so viel lernen und so viele Hausaufgaben machen, da es hier mehr Test gibt, dass der freie Nachmittag nur dafür genutzt werden kann. Mit meist einem Hobby ist die komplette Woche verplant.

Meine Austauschschülerin zum Beispiel begann nach dem Mittagessen direkt mit den Hausaufgaben und lernte oft bis in den Abend. Zusätzlich hatte sie Nachhilfestunden und spielte zweimal pro Woche Tennis. Der einzige Tag, an dem sich die meisten Jugendlichen treffen können, ist Samstagabend. Dann gehen alle in die Stadt. Was für Außenstehende überfüllt und überfordernd wirkt, ist für sie der einzige freie Abend der Woche. Sonntags muss dann meist schon wieder für die Schule gearbeitet werden.

Besonders in Klausurenphasen bleibt kaum Zeit für Freunde oder Familie. Manche Schüler/innen sehen ihre Freunde wochenlang nur in der Schule. Auch längere Wochenendausflüge mit der Familie sind kaum möglich. Die Schüler/innen der A. Calini Scientific School sind dieses System gewöhnt, aber für mich wäre dieser ständige Stress ohne eine richtige Pause, wie unser Wochenende oder die deutschen Ferien, auf Dauer nicht vorstellbar.

Mia Graef (Klasse 10)

veröffentlicht am 8.4.2025